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Klassik – ein Statement

Zwei Notenständer mit Notenblättern in Nahaufnahme

Abseits des Pop-Mainstreams existiert Klassik, die selbst zum Klassik-Mainstream mutiert ist, überall gespielt wird und langsam aber sicher auf die Nerven geht. Und dann gibt es Klassik, die man unbedingt hören sollte – wohl eher weniger bekannt. Eine persönliche Liste.

Klassik, die wir nicht mehr hören wollen

  1. Pachelbel, Johann: »Canon In D« – die »Comic Sans« aller Hochzeitsfeiern.
  2. Grieg, Edvard: Peer Gynt-Suite Nr. 1, Op. 46, »Morgenstimmung« – im Sessel sitzen, Kopfhörer auf, bei geschlossenen Augen die Zeigefinger in jeweils entgegengesetzter Richtung bewegen und dabei so tun als wäre man Dirigent und hätte Ahnung von Klassik. Episch. Moment – nein!
  3. Orff, Carl: Carmina Burana, »O Fortuna« – Weltuntergangsstimmung, Trailermusik und so entsetzlich verbraucht. Kennt man in- und auswendig. Gähn.
  4. Debussy, Claude: Suite bergamasque, »Claire de Lune« – Wo wir am Einschlafen sind: Die ist die passende Hintergrundmusik für Schlafmittel-Werbung. Einziger Nachteil: Macht das Medikament selbst überflüssig.
  5. Händel, Georg Friedrich: Solomon, HWV 67, »The Arrival of the Queen of Sheba« – Einfach nur überhört.

Klassik, die wir öfters hören sollten

  1. Respighi, Ottorino: Antiche danze ed arie per liuto (Dts. Antike Tänze und Melodien für Laute), Suite Nr. 3, »Siciliana« – wer über den Sinn des Lebens sinniert, möge es hierzu vollführen.
  2. Dvořák, Antonín: Serenade for String Orchestra in E-Major, Op. 22, »Tempo di Valse« – die russische Tradition hat Literatur und Musik hervorgebracht, die sich vor der deutschen nicht zu verstecken braucht. Dazu dieses gelungene Beispiel.
  3. Glass, Philip: Metamorphosis – erst »Opening«, anschließend »Metamorphosis IV« und dann »Closing« – drei Stücke, die man in dieser Reihenfolge hören sollte, wenn man einsam bei Einbruch der Nacht über die verregnete Autobahn reitet und dabei die Gedanken fließen lässt.
  4. Tavener, John: Eternity’s sunrise, »Funeral Canticle« – Sterben, aber mit Stil. Diese geballten 24 Minuten entführen auf eine spirituelle Reise, man muss sich aber auch ganz darauf einlassen, von Anfang an. Moderne Klassik, die überrascht.
  5. Bean, Hugh: »The Lark Ascending« – dieses Stück ist die Entdeckung eines neuen Kontinents: abenteuerlich, unbekannt und bereichernd. Wie wird sich Sir Francis Drake gefühlt haben, als er entlang Kanadas Pazifikküste die Wälder auf Vancouver Island erspähte? Dieses musikalische Werk wäre die Antwort darauf.
  6. Einaudi, Ludovico: Nightbook, »Solo« (Hidden Track auf dem Album) – die erste richtige Liebe vergisst man nie. Der Geruch, der Atem, die Wärme. Die Vertrautheit. Alles misst sich an ihr. Gleiches gilt für dieses Stück.
  7. Helbig, Sven: Pocket Symphonies, »Am Abend« – Musik, welche die Stimmung auf einen Flughafen widerspiegelt, wenn es dort langsam ruhiger zugeht; Musik, die ausdrückt, wie sich die Atmosphäre ändert, wenn sich der Spielplatz gegen Abend langsam leert; Gefühle der traurigen Entspannung: kein Widerspruch.
  8. Richter, Max: 24 Postcards in Full Colour, »The Tartu Piano« – du fehlst. Eine persönliche Nonmention.
  9. Arnalds, Ólafur: Living Room Songs, »Fyrsta« – wenn ich am Klavier improvisiere, klingt das fast genauso.
  10. Broderick, Peter: Float 2013, »A Snowflake« – eine schwarze Katze, dunkles Zimmer, das Knistern des Karmins und der Regen, der vom Sturm getrieben verworren gegen die Fensterscheiben peitscht. Die perfekte Stimmung, ein Lebenswerk zu verfassen.

Und bevor jemand den Finger hebt: Das Gute sollte man in doppelter Menge bringen, damit man das Schlechte erträgt.

Update: Die zehn hörenswerten Lieder habe ich in einer Spotify-Playlist gesammelt. Darüber hinaus empfehle ich mich mit meiner Best-Of-Liste klassischer Musik.

(Beitragsbild von Sigmund auf Unsplash)

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